Hannahs Take

Dein Monatsbriefing aus Brüssel & der Welt

Herzlich willkommen bei „Hannahs Take“ - dein Monatsbriefing aus Brüssel und der Welt! Ich bin Hannah Neumann, Europaabgeordnete, Friedensforscherin und Antifaschistin, und in diesem Newsletter starten wir gemeinsam in den neuen Monat. Heute mit diesen Themen:

  • Syrien: Wie wir den Wiederaufbau unterstützen können

  • Trump ist wieder Präsident: Und jetzt?

  • 3 Dinge, die mich diesen Monat begleiten

Viel Freude beim Lesen!

Salut!

Neues Jahr, neues Projekt: Pünktlich im Januar startet mein Newsletter. In „Hannahs Take“ nehme ich euch ab jetzt einmal im Monat mit in die Welt, in die EU-Politik und in meinen Wahlkreis. Zu Hintergrundgesprächen oder auf die großen und kleinen Bühnen, auf denen um Frieden, politische Freiheiten und Menschenrechte gerungen wird. Warum? Weil ich überzeugt bin, dass wir gemeinsam mehr verstehen, besser diskutieren und vor allem: mehr bewegen können. 

Das ist wichtiger denn je. Diese Woche, am 29. Januar, kam zum ersten Mal seit dem Ende des zweiten Weltkriegs eine parlamentarische Mehrheit nur durch einen Schulterschluss mit Rechtsextremen zustande: Ein CDU-Antrag, der so drastische Migrationsverschärfungen fordert, dass er gegen europäisches und deutsches Recht verstößt, konnte nur mit den Stimmen der AfD beschlossen werden. Während das passierte, stand ich in Sednaya, dem brutalsten Folter-Gefängnis des ehemaligen Assad-Regimes, in Syrien. Auf den Kleidern von Toten. Fast noch warm. Während CDU und FDP morgens der Shoa gedachten und abends mit den Nazis klatschten. Ich habe dafür gerade nur Unverständnis, Fassungslosigkeit und Wut. 

Zurück zu Syrien: Kurz vor Weihnachten ist das Regime des Massenmörders Assad zu Fall gekommen. Nach Jahren des Kriegs in Syrien ist dies ein Wendepunkt. Noch bleibt die Lage unübersichtlich. Was haben die neuen Machthaber vor, mit diesem Land, welche Rolle geben sie den vielen ethnischen und religiösen Gruppen, die Syrien ausmachen, welche Frauen? Unsere politische Energie muss sich jetzt darauf richten, Syrer*innen dabei zu unterstützen, das Land so aufzubauen, dass sich alle Bevölkerungsgruppen dort sicher fühlen. Die Europäische Union hat sich auf eine schrittweise Aufhebung von Sanktionen verständigt, insbesondere in den Bereichen Energie und Infrastruktur, damit es bald mehr Strom und mehr Baumaterial gibt. Im April steht eine große Geberkonferenz in Brüssel an. Und auf meinen Druck hin prüfen eine Reihe von Mitgliedsstaaten, wie sie es Syrerinnen und Syrern, die noch im Asylverfahren sind, ermöglichen können, zu ihrer Familie nach Syrien zu reisen, ohne ihren Asylstatus zu verlieren. Auch das deutsche Bundesinnenministerium und das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge arbeiten an Regeln dazu. Mehr Details dazu findet ihr im Spotlight weiter unten.

Doch während wir versuchen, Brücken zu bauen, sehen wir weltweit autokratische Entwicklungen erstarken. Die Amtseinführung von Donald Trump war ein bitterer Moment für alle Demokrat*innen. Ebenso gefährlich ist die Rolle der Tech-Oligarchen, die ihn dabei unterstützen. Plattformen wie Meta und X haben ihre Regeln zugunsten von Desinformation gelockert. Trump nutzt das, um seine Agenda voranzutreiben. Nur einen Tag nach seiner Amtseinführung wurden progressiv verstandene Hashtags wie „abortion“ oder „democrats“ gelöscht – eine gezielte Einschränkung der Meinungsvielfalt. Elon Musk zeigte bei Trumps Amtseinführung den Hitlergruß. Während wir diese Symbolik beobachten, lassen wir uns nicht von der autoritären Politik ablenken: Trump hält, was er im Wahlkampf versprach. Er trat aus dem Pariser Klimaabkommen und der WHO aus, bedroht trans-Rechte, will das „right of birth“ abschaffen und begnadigte fast alle Verurteilten des Angriffs auf das Kapitol. Ich könnte mit der vollzähligen Auflistung seiner ersten Amtshandlungen den ganzen Newsletter füllen. Viel wichtiger ist aber: Wir werden uns weder von Zöllen noch Drohungen einschüchtern lassen. America first? Europe united!

Um in all der politischen Brisanz weiter mutig voranzugehen, ist es wichtig, sich immer wieder vor Augen zu führen, warum sich politisches, antifaschistisches Engagement lohnt. Eine gute Freundin von mir hat vor kurzem ihr viertes Kind bekommen. Als ich ihr ein Paket mit einer Karte schickte, schrieb ich: „Willkommen, kleiner Mensch. Ich hoffe, wir haben den ganzen Mist gefixt, bis du groß bist.“ Hatte ich meiner ersten Tochter vor 18 Jahren auch versprochen. Haben wir nicht geschafft. Aufgeben ist aber keine Option, also setzen wir weiter einen Schritt vor den anderen. Für eine Welt, in der die Kümmerer und nicht die Zerstörer die Macht haben, in der wir nicht das kaputt machen, was uns ernährt und in der wir uns mit Respekt statt Hass begegnen.

Eure Hannah

© Europäische Union 2022 – Fotografin: Geneviève Engel

Spotlight

  • Syrien: Wiederaufbau, Aufarbeitung und Heimkehr
    Der Wiederaufbau Syriens ist eine komplexe Aufgabe, die eng mit der Aufarbeitung der Verbrechen des brutalen Regimes von Assad verknüpft ist. Eine Rückkehr zu Stabilität und Gerechtigkeit kann nur gelingen, wenn Versöhnung möglich wird. Das bedeutet auch: Verbrechen gegen die Menschlichkeit müssen dokumentiert und Verantwortliche zur Rechenschaft gezogen werden. Internationale Unterstützung muss so gestaltet werden, dass sie den Wiederaufbau fördert, ohne autoritäre Strukturen zu stärken. Dafür hat die EU diese Woche beschlossen, bestimmte bestehende Sanktionen schrittweise zu lockern, vor allem in den Bereichen Energie, Transport und Banken. Sanktionen gegen Waffen und Waffenhandel bleiben bestehen, hinsichtlich des Risikos zunehmender Radikalisierung. Auch deswegen sind alle Lockerungen reversibel, falls sich die Lage verschlechtert. Gleichzeitig werden Humanitäre Hilfen und Wiederaufbaubemühungen verstärkt, um Menschen direkt zu unterstützen. Auch die Frage nach einer sicheren Heimkehr für Syrer*innen bleibt zentral. Viele möchten in ihre Heimat reisen, um die Zukunft des Landes aktiv mitzugestalten. Doch derzeitige Asylregeln erschweren solche Reisen, da sie den Schutzstatus gefährden könnten. Als grüne Verhandlungsführerin habe ich deshalb im Europäischen Parlament eine Initiative angestoßen, um Reisen unter klaren Bedingungen zu ermöglichen. Deutschland hat schon mit der Planung erster Schritte in diese Richtung begonnen. Warum das von zentraler Bedeutung ist, erkläre ich hier. Übrigens: Während du diesen Newsletter liest, bin ich gerade in Syrien, um besser zu verstehen, wie die EU die Menschen vor Ort – vor allem Frauen – unterstützen kann. Ihre Perspektiven sind der Schlüssel für eine gerechte Zukunft in Syrien.

  • Parteitag der Grünen: Demokratie verteidigen, Gesellschaft gestalten. Am Sonntag (26.1.) haben wir mit über 800 Delegierten in Berlin unser Regierungsprogramm beschlossen. In einer Zeit, in der rechtspopulistische Kräfte weltweit an Einfluss gewinnen, setzen wir klare Prioritäten: soziale Gerechtigkeit, Selbstbestimmung, Klimaschutz und die Verteidigung der Demokratie. Dabei spielen auch Europa-Themen eine zentrale Rolle, denn viele der drängendsten Herausforderungen unserer Zeit können wir nur gemeinsam bewältigen. Eine Forderung in unserem Wahlprogramm, die für mich daher zentral ist, ist die Reform des Einstimmigkeitsprinzips in der EU - denn derzeit kann ein einzelnes Land wichtige Entscheidungen blockieren, etwa bei Waffenlieferungen an die Ukraine. Fazit: Am 23.02. wählen gehen. Denn diese Wahl entscheidet, ob wir Solidarität und Zusammenhalt stärken oder autoritären Strömungen Raum geben.

  • 35 Jahre nach der Erstürmung der Stasi-Zentrale: Am 15. Januar 1990 stürmten tausende Bürger*innen die Stasi-Zentrale in Berlin-Lichtenberg und entrissen der SED ihr wichtigstes Machtinstrument. Die Öffnung der Stasi-Akten legte den Grundstein für die Rehabilitierung von Verfolgten und die Aufarbeitung der SED-Diktatur. Doch das Gelände, ein internationaler Leuchtturm der Demokratiegeschichte, verfällt zunehmend. Wir fordern Bund und Länder auf, das Areal zu einem lebendigen Symbol für Demokratie und Widerstand zu entwickeln – als Schutzraum für Menschen im Exil und Ort der Vernetzung für Aktivist*innen weltweit. Mehr dazu hier.

Hannahs Highlights

Dinge, die mich in letzter Zeit begleitet, begeistert oder zum Nachdenken gebracht haben:

Manchmal sind es die kleinen Dinge, die uns inspirieren, bewegen oder einfach nur Freude bereiten, und davon gab es bei mir in letzter Zeit gleich mehrere. Drei meiner Highlights möchte ich hier vorstellen. Zum einen ein Buch, das aktueller nicht sein könnte: „How to stand up to a dictator“ von Maria Ressa. Ich habe Maria letztes Jahr bei der Münchner Sicherheitskonferenz getroffen, und schon damals haben wir darüber gesprochen, wie wichtig es ist, zusammenzuhalten und sich gegenseitig unterzuhaken – ein Thema, das in dem zurückliegenden, wilden Jahr noch an Bedeutung gewonnen hat. Ihr Buch ist eine kluge, kraftvolle Anleitung, wie wir uns gegen Machtmissbrauch wehren können und gerade in diesen Zeiten genau die Lektüre, die wir alle brauchen.

Dann gibt es noch etwas, was diejenigen von euch, die mir auf Instagram folgen, natürlich wissen: Ich liebe Klettern – und Auto-Belays! Diese genialen Geräte ermöglichen es, ganz ohne Sicherungspartner*in zu klettern. Perfekt, um spontan loszulegen und trotzdem sicher unterwegs zu sein. Einfach die ideale Mischung aus Freiheit und Fokus.

Und zum Schluss noch etwas, das mich (wieder einmal) durch die kurze Pause über den Jahreswechsel begleitet hat: Rummikub! Ich liebe dieses Spiel, weil man dabei ständig alles umbauen darf. Und das Beste daran? Die Kinder schlagen die Erwachsenen einfach immer – völlig altersunabhängig.

Du hast noch nicht genug?

Ich hoffe, dir hat diese Ausgabe von „Hannahs Take“ Spaß gemacht! Wenn dir der Newsletter gefällt, dann leite diese Mail gerne an alle deine Freund*innen weiter, die sich auch für Europapolitik, politische Freiheiten und Menschenrechte interessieren und folgt mir auf Social Media, um immer auf dem Laufenden zu bleiben.

Bis zum nächsten Mal!
Eure,
Hannah