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Hannahs Take
Dein Monatsbriefing aus Brüssel & der Welt

Herzlich willkommen bei „Hannahs Take“ - dein Monatsbriefing aus Brüssel und der Welt! Ich bin Hannah Neumann, Europaabgeordnete, Friedensforscherin und Antifaschistin, und in diesem Newsletter starten wir gemeinsam in den neuen Monat. Heute mit diesen Themen:
Europäische Verteidigung: Wollen wir endlich auf eigenen Beinen stehen oder uns weiter selber ein Bein stellen?
Paragon-Skandal: Es gibt keine „ethische” Spyware
3 Dinge, die mich diesen Monat begleiten
Viel Freude beim Lesen!
Salut!
Spätestens nach dem Eklat bei Selenskyjs Besuch im Weißen Haus ist klar, dass wir uns nicht mehr blind auf unsere transatlantischen Partner*innen verlassen können. Die Trump-Regierung liebäugelt mit dem Lager der Autokraten. Europa ist auf der Suche nach Wegen, um sicherheitspolitisch endlich auf eigenen Beinen zu stehen. Währenddessen stellen wir uns dabei immer wieder selbst ein Bein.
In ihrem neuen Weißbuch zur europäischen Verteidigung zeigt die Europäische Kommission viele wichtige Baustellen auf. Die Unterstützung der Ukraine soll konsequent ausgebaut, die Fähigkeitslücken in der europäischen Verteidigung schnell gefüllt und Europas Verteidigungsindustrie gestärkt werden. Aber das wussten wir schon vorher. Die entscheidende Frage bleibt unbeantwortet: Wollen wir eine echte europäische Verteidigung – oder bleibt Europa ein Flickenteppich nationaler Interessen und die EU soll nur punktuell unterstützen, wenn es den Mitgliedstaaten gerade passt?
Die gleiche Frage stellt sich zur ReArm Europe/Bereitschaft 2030 Initiative, mit der von der Leyen jetzt europäische Verteidigungsausgaben pusht. Wir müssen mehr für Verteidigung ausgeben, aber das darf nicht auf Kosten von sozialem Zusammenhalt und Klimaschutz gehen und wir müssen die Sicherheit breiter denken: Es geht auch um Cybersicherheit und Resilienz. Ich kämpfe in Brüssel gerade dafür, dass wir all das endlich gemeinsam angehenund die gemeinsame Beschaffung fördern, statt nationale Alleingänge zu finanzieren, mit denen wir nur die Preise nach oben treiben.
Diese ganzen Themen werden uns in den kommenden Monaten weiterhin beschäftigen, unter anderem bei den anstehenden Verhandlungen zum European Defence Industry Programme, die ich für die Grünen führe.
Auch anderswo verändert sich die Welt gerade schnell. Seit dem Ende des Assad-Regimes befindet sich Syrien im Umbruch. Wir haben im Europäischen Parlament eine Resolution zur Zukunft Syriens verabschiedet, die ein klares Zeichen für einen friedlichen Übergang und von Syrer*innen geleiteten Wiederaufbau des Landes setzt. Mir war wichtig, dabei zu betonen: Ein echter Frieden ist nur mit einer gründlichen Aufarbeitung aller Verbrechen möglich. Die syrische Zivilgesellschaft übernimmt schon jetzt eine riesige Verantwortung für den Wiederaufbau – ihr gehört ein Platz an jedem Tisch, an dem über die Zukunft des Landes entschieden wird. Dass sie noch zu oft unberücksichtigt bleibt, habe ich auch bei der Syrien-Konferenz in Brüssel kritisiert.
Um die Wirksamkeit zivilgesellschaftlichen Engagements wissen autoritäre Regime nur zu gut – deswegen versuchen sie Aktivist*innen, Journalist*innen, Menschenrechtsverteidiger*innen einzuschüchtern und zu stoppen. Nicht nur in ihren eigenen Ländern, sondern weltweit. Das Iranische Regime beispielsweise baut seit Jahren seinen Repressionsapparat auch in Europa aus. Wir beobachten gezielte Attentate und Einschüchterungen gegen Kritiker*innen des Regimes und die jüdische Gemeinschaft in Europa, Desinformation in sozialen Medien, sowie kriminelle Netzwerke und Geldwäsche, um Sanktionen zu umgehen und oppositionelle Stimmen zu unterdrücken. Das beschäftigt uns auch in der Delegation für die Menschen im Iran.
Was ich daraus für den nächsten Monat mitnehme: Wenn Autokraten sich gegenseitig stärken, müssen Demokrat*innen zusammenhalten. Deshalb brauchen wir europäische Lösungen für diese gemeinsamen Herausforderungen. Das gilt für Verteidigung, aber auch die Stärkung unserer Demokratien – oder den Kampf gegen den Missbrauch von Spyware in Europa.
Eure Hannah

© Europäische Union 2022 – Fotografin: Geneviève Engel
Spotlight
Paragon-Skandal – Es gibt keine „ethische” Spyware: Ein neuer Bericht von Citizen Lab zeigt, dass die Spyware „Graphite“ des Unternehmens Paragon in Italien illegal gegen Journalist*innen und Menschenrechtsaktivist*innen eingesetzt wurde. Paragon vermarktet seine Software als „ethisch”. Der Skandal beweist das Gegenteil. Der Bericht legt nahe, dass die Spyware auch in Deutschland eingesetzt wird. Bei unserem Event im Europäischen Parlament haben Betroffene von ihrer Erfahrung berichtet. Den Livestream findet ihr hier zum Nachschauen. Schon Mitte 2023 hat das Europäische Parlament klare Empfehlungen an die Europäische Kommission verabschiedet, wie sie dem Missbrauch von Spyware in Europa entgegenwirken sollte. Was bisher passiert ist? Nichts. Als Grüne fordern wir weiter mehr Transparenz und ein EU-weiten Verbotes des Einsatzes von Spyware gegen Journalist*innen, Menschenrechtsaktivist*innen oder Oppositionspolitiker*innen.
Campus-Abend zu 35 Jahre freie Wahlen in der DDR: Am 13. März 2025 organisierten wir auf dem Areal der ehemaligen Stasi-Zentrale in Berlin-Lichtenberg einen Abend im Zeichen der historischen Bedeutung der ersten freien Volkskammerwahl in der DDR vor 35 Jahren und deren Auswirkungen auf die Gegenwart. Eine Lesung führte eindrucksvoll in die Zeit des politischen Umbruchs von 1989/1990 ein, gefolgt von einer Podiumsdiskussion mit Bundespräsident a.D. Joachim Gauck, Anna-Mira Brandau (Verfassungsblog) und Sabine Adler (Deutschlandradio). Deutlich wurde: Demokratie ist kein Selbstläufer – sie muss aktiv gestaltet und verteidigt werden. Mehr Infos und der Link zum Nachschauen hier.
Containerhafen Swinemünde: Zweifel trotz verändertem Umweltbescheid: Der geplante Ausbau des Containerhafens im polnischen Świnoujście (Swinemünde), unweit der deutsch-polnischen Grenze, bewegt weiterhin viele Menschen – insbesondere auf Usedom und Wolin. Die Sorge: eine drohende Industrialisierung der bislang naturgeschützten und landschaftlich wertvollen Ostseeküste. Aus diesem Grund hat die Bürgerinitiative von Usedom Klage gegen den Umweltbescheid eingereicht. Ich habe die Europäische Kommission hierzu mit einer schriftlichen Anfrage um Stellungnahme gebeten. Die nun vorliegende Antwort konnte die bestehenden Sorgen nicht ausräumen. Mehr dazu hier.
Hannahs Highlights
Dinge, die mich in letzter Zeit begleitet, begeistert oder zum Nachdenken gebracht haben:

Manchmal sind es die kleinen Dinge, die uns inspirieren, bewegen oder einfach nur Freude bereiten, und davon gab es bei mir in letzter Zeit gleich mehrere. Drei meiner Highlights möchte ich hier vorstellen. Zum einen ein Kunstwerk, das aus einem Stück des Trikots „Free Afghan Women” Umhangs der Breakdancerin Manizha Talash besteht, welches sie bei den Olympischen Spielen 2024 trug. In meinem ganzen Büro verteilt sind kleine Erinnerungen daran, wofür ich mich im Europaparlament einsetze: Eine gemeinsame europäische Außenpolitik, die Menschenrechte stärkt.
Ein weiterer Begleiter diesen Monat war die Sonne. In Brüssel ist der Frühling angebrochen und ich versuche, so viel Zeit wie nur irgendwie möglich draußen zu verbringen. Das ist im Job gar nicht so leicht, aber zumindest die ganzen Telefonate mache ich aktuell am liebsten während ich dabei in der Sonne durch den Park spaziere.
Und zuletzt ein Smoothie, mein go to an stressigen Morgenden. Am liebsten mit Himbeeren in Pink, um ein bisschen feministische Farbe in die oft eintönigen männerdominierten Räume zu bringen, in die ich morgens im Parlament komme.
Was sind eure kleinen Alltagsretter?
Du hast noch nicht genug?
Heute um 19:30: Podiumsdiskussion zur Buchpremiere von Iran. Wie der Westen seine Werte und Interessen verrät von Ali Fathollah-Nejad. Kommt vorbei.
No Escape – Tackling Gender-Based Digital Transnational Repression: Schau hier unsere gemeinsame Veranstaltung zu mit Citizen Lab nach.
Die USA kommen mit 33 Waffensystemen aus, während in Europa 179 verwendet werden. Eine Grafik, die dieses Problem der europäischen Verteidigung veranschaulicht.
Kein Wiederaufbau ohne Aufarbeitung: Wie es jetzt in Syrien weitergehen kann.
Türkei: Am Kipppunkt zwischen Demokratie oder Diktatur – im Gespräch mit Deutschlandfunk.
Ich hoffe, dir hat diese Ausgabe von „Hannahs Take“ Spaß gemacht! Wenn dir der Newsletter gefällt, dann leite diese Mail gerne an alle deine Freund*innen weiter, die sich auch für Europapolitik, politische Freiheiten und Menschenrechte interessieren und folgt mir auf Social Media, um immer auf dem Laufenden zu bleiben.
Bis zum nächsten Mal!
Eure,
Hannah